Über mich

Dies sind meine Geschichten für euch... Nicht alle sind absolut ernst zu nehmen, Ironie ist mein steter Begleiter. Sollten Ähnlichkeiten mit mir bekannten Personen auftreten, ist es durchaus möglich, dass ich diese Person meine; es wird jedoch jede Verbindung konsequent negiert. Da die Geschichten nicht (nur) erfundene Aufheiterungen sein sollen sondern aus meinem Leben erzählen, fühlt euch geschätzt, hier erwähnt zu werden, denn es bedeutet, dass ihr mich - ob nur kurz oder für längere Perioden - berührt habt in meinem Leben! Ich freue mich übrigens über jeden Kommentar, den ihr hinterlasst und noch mehr über Leser, die sich als regelmässige Leser eintragen!

Dienstag, 31. Januar 2012

Verstecken - für immer!

Ich kurble das Autofenster herunter im Schneesturm.
Hinter den beschlagenen Scheiben erscheint dein Gesicht. Die Schneeflocken haben eisige Tropfen auf deinen Wangen hinterlassen. Sie glitzern im Schein der Laterne. Deine Wangen sind gerötet, kalt; aber deine Augen verspüren die pure Lebensfreude und leuchten. Wie Sterne im schwarzen Himmel. Sie scheinen mich an. Deine langen Wimpern mit den Eiskristallen drauf blinzeln schelmisch und sagen mir, wie sehr sie sich freuen, mich zu sehen.

Komm, steig ein, wir fahren heim.

Warum nur kriege ich dich nicht mehr aus meinen Gedanken? Stets denke ich an dich und jetzt bist du so nah. Ich kann deine Wärme spüren unter der kalten Kleidung. Ich kann die Feuchtigkeit deiner Haut und dein Frösteln riechen. Ich spüre, wie dein Herz dich von innen wieder wärmt. Ich rieche deine feuchten Haare, sehe den Dampf, wie er von deinem Körper aufsteigt und sich unter der Zimmerdecke hängen bleibt.

Da stehst du nun. Irgendwie nackt ohne die dicke Winterkleidung. Wie hilflos du aussiehst. Ich möchte den Blick nie mehr von dir abwenden. Den Augenblick aufsaugen, festhalten. Ich möchte dich spüren, würde dich gerne anfassen, deinen Anblick in meine Gedanken brennen. Die Fältchen um deine Augen und die Linien auf deinen Händen auswendig lernen. Ich möchte dein Lachen nie mehr vergessen, dein Lächeln für immer sehen können. Diese wenigen Sekunden dehnen sich zu einer Ewigkeit. Nie mehr werde ich dich gehen lassen. Ich halte dich fest, meine Gedanken haben dich gefangen und hinterlegt. Wenn ich meine Augen schliesse, sehe ich dich. Wie du den Kopf drehst und „Danke.“ sagst.

Ich fasse deine Hand, ich möchte dich mit mir mitnehmen. Versinken in der Unendlichkeit. Verschwinden für immer. Mich auflösen, vereint mit dir in der Sinnlosigkeit des Augenblicks. Ich möchte mich verstecken und nie mehr hervorkommen. Ich möchte mich verkriechen mit dir. Untertauchen. Abhauen. Dich nie mehr loslassen. Ich studiere die feinen Linien auf deinem Handrücken. Wie schön sie sind.
Ich fühle deine Wärme, meine Wärme, unsere Hände.
Unsere Finger verknoten sich. Nie mehr möchte ich dich loslassen. Nie mehr meine Finger lösen. Doch sie entgleiten mir, sie entziehen sich den meinen.
Die Vertrautheit zwischen uns schwindet. Sie zieht sich zurück. Der Moment bleibt in meinem Kopf bestehen. Ich werde dich immer sehen. Immer dann, wenn ich die Augen schliesse, werde ich wissen, wie du ausgesehen hast. Ich werde die Bilder mitnehmen bis ans Ende meines Lebens. Ich werde die Gedanken hüten wie mein Schatz. Niemand wird sie mir nehmen können.

Verschwunden ist der Zauber des Momentes. Fortgegangen mit deiner Hand, die der meinen entgleitet. Ich sehe deinen Blick in die Ferne gleiten. Ich schaue in deine Augen; sehe die kleinen Punkte darin, die Kringel drum herum. Ich sehe durch sie hindurch in dich hinein. Ich lese die unausgesprochenen Wünsche und die ungestellten Fragen. Werden die Wünsche jemals Gestalt annehmen und die Fragen ihre Antworten finden?

Freitag, 20. Januar 2012

Sehnsucht


 
Da war sie wieder. Diese Sehnsucht.
Wonach ich mich sehne? Nach allem.
Ich glaube, die Sehnsucht ist das, was uns antreibt. Uns antreibt, uns zu verbessern, uns zu steigern, vorwärts zu sehen und zu gehen, auch wenn man vor einem unübersehbaren Berg steht. Die Sehnsucht verführt uns, sehen zu wollen, was hinter dem Berg liegt.

Die Mutter sehnt sich nach dem Kind in ihrem Bauch, der Mann in der Ferne nach seiner Frau zu Hause. Das Kind nach der Geborgenheit, die ihm seine Eltern geben. Die Eltern nach der Sicherheit, die sie ihrem Kind vermitteln können. Nach dem Wunsch, das Beste machen zu können für ihr Kind. Die Sehnsucht beherrscht alles. Das Sehnen des Kranken nach dem Gesundsein. Das Sehnen des Ungeborenen nach dem Leben. Das Sehnen der Lebenden nach dem Tod.
Aufwärtsstreben, Vorwärtssehen, nicht verharren sondern weiterkommen. Die Sehnsucht, etwas zu erreichen, was unerreichbar scheint. Die Sehnsucht, etwas zu bekommen, was weit weg ist. Die Sucht, sich nach etwas zu sehnen, das man eigentlich nicht haben kann. Oder das Sehnen nach einer Sucht, die einen zerreisst. Das unaufhörliche Weitermachen und das beharrliche Suchen nach dem nächsten Schritt voran.

Es ist die Sehnsucht, die mich zerreisst. Ich sehne mich nach Ruhe in mir. Nach Klarheit. Ich sehne mich danach, mich hinsetzen, mich fallenlassen zu können. Nur um dann wieder aufzustehen und weiterzugehen.

Die Sehnsucht ist die Mutter der Hoffnung und die Cousine der Zuversicht. Wer Hoffnung hat, kann Berge versetzen weil er denkt, dahinter sei es besser. Man sehnt sich danach, zu wissen, was dann kommt. Voller Hoffnung verfolgt man Ziele, die einem die Sehnsucht vorgaukelt. Wenn die Hoffnung der Realität weichen muss, bleibt die Sehnsucht nach dem bisher Unerreichten, Unerfüllten.
Dieses Streben nach Mehr, oftmals unerfüllt; und doch treibt es einen an, weiter zu machen, neue Hoffnung zu schöpfen. Fast am Ziel verdrängt die Zuversicht die Hoffnung. Wenn man fast auf dem Gipfel steht, glaubt man zu wissen, dass man es schaffen kann. Man glaubt daran. Die Hoffnung bleibt zurück. Die Zuversicht gibt einem neue Kraft. Und die Sehnsucht treibt einen an.

Die Sehnsucht, Neues zu erreichen und Altes zu bewahren.
Die Sehnsucht, alles zu verändern und Vertrautes zu beschützen.
Die Sehnsucht, Sinnloses zu verwirklichen und die Realität aus den Augen zu verlieren.
Die Sehnsucht, der Welt etwas zu hinterlassen und wenn man die Welt verlässt, unvergessen zu bleiben.

Es ist die Kraft des menschlichen Treibens. Hat man den gewünschten Punkt erreicht, dann kommt ein kurzes Geniessen, Verweilen. Danach sucht man sich neue Ziele, verbunden mit neuen Hoffnungen, gefüllt mit unberechenbarer Zuversicht.

Trügerisch können sie sein, die drei. Sie können einem etwas vorgaukeln. Sie können eine Fratze offenbaren, die man nicht erwartet. Die Sehnsucht ist geprägt von verbissener Sucht, neue, hohe Ziele zu erreichen. Die Hoffnung versteckt sich hinter Verzweiflung. Die Zuversicht hinter Verblendung.

Wonach lohnt es sich, sich zu sehnen? Wenn man sich nicht mehr sehnen kann, hat man keine Ziele mehr. Ziellos zu sein, muss einen noch mehr zerreissen als auf dem Weg zu sein und Ziele erreichen zu wollen, die einen verzweifeln lassen und die einen blenden. Denn auch dafür glaubt man kämpfen zu müssen.

Ich wünsche uns, dass die Sehnsucht uns den richtigen Weg weist, unsere Hoffnungen nicht zerschlagen und wir zu verzweifelten Suchenden werden. Ich wünsche uns, dass uns der Weg Zuversicht schenkt und uns nicht täuscht.

Ich sehne mich…

Donnerstag, 19. Januar 2012

Nichts-tun

Es ist ja kein Geheimnis. Ich habe mir den rechten Fuss gebrochen. Saublöd, sag ich euch. Gegen den Kühlschrank geschlagen und zack, ein Knöchelchen spiralförmig gebrochen.
Das wusste ich jedoch erst nachdem ich beim Arzt gewesen war; und das war ich erst am Folgetag des Versuches meinen Kühlschrank mittels persönlicher unachtsamer Taekwondotechnik zu beschädigen. Nun ja, geklappt hat es eben nicht. Oder doch, einfach auf der falschen Seite.
Der Arzt, Herr Dr. Lustig erklärte mir ernst was nun zu tun sei: „Frau Laëon, jetzt sind Sie gezwungen, sich eine Woche ruhig zu halten.“
„Ernst…?“ (das …haft ging unter)
„Ja, bitte?“
„Wie bitte?“
„Kennen wir einander? Ernst Lustig, mein Name.“
Ich war etwas perplex aber ich hatte begriffen, nun war fertig lustig.
„Äh nein… ich wollte fragen, was das denn konkret bedeutet. Ich meine, was beinhaltet ruhig verhalten?“
„Ja also: arbeiten Sie? Dann schreibe ich Sie eine Woche krank. Dann sollten sie zu Hause sein und nichts tun.“
Ich war überfordert angesichts des Ernsts der Lage: „Wow, sogar krank schreiben… ist es denn so schlimm?“
„Frau Laëon, ein Knochen ist gebrochen. Verstehen Sie? Nicht weniger als das und wenn Sie wollen, dass es verheilt, dann tun Sie nichts. Einfach nichts.“

Mit diesem Ratschlag und vielen Tablettchen – die ich auch „Bis die Packung leer ist!“ nehmen sollte – verliess ich mehr hüpfend und fluchend die Notfallstation als dass ich sie mit Würde verliess.
Zu Hause angekommen katapultierte ich meine Laune unter den Nullpunkt indem ich die Packungsbeilage der Medikamente las und beschloss, diese zu nehmen und die Nebenwirkungen als unwichtig abzutun.

Das noch viel grössere Problem stellte sich mir mit der zweiten und hauptsächlichen Aufgabe, die mir Dr. Lustig im Ernst mitgegeben hatte: nichts tun. Dies stellte für mich primär ein riesiges philosophisches Problem dar und dann ein imaginäres und schliesslich eines, das ich wie die Packungsbeilage ignorieren musste, wollte ich nicht an Magengeschwüren, Herzrhythmusstörungen, Leber- und Nierenversagen, Darmblutungen und noch vielem mehr auf der Stelle tot umfallen.

Das philosophische Problem war jedoch das folgende und dieses stellte sich nur schon in der Problemstellung selber. Was ist nichts-tun?
Was ist nichts? Oder muss ich schreiben Nichts?
Also dass Null nicht Nichts ist, das hat uns unser Mathelehrer schon beibringen wollen, bereits damals sprengte dies meine Vorstellungskraft.
Nun, wenn ich nichts tue sondern nur rumsitze, dann ist das ja nicht nichts, sondern aktives und bewusstes Rumsitzen. Also man kann nicht nichts tun. Wenn ich schlafe, schlafe ich, wenn ich fernsehe und mein Bein hochlagere, dann tue ich ebendies. Aber ich tue nicht nichts. Ich tue klar viel weniger als an einem anderen 0815-Tag, aber einem lebenden Menschen ist es gar unmöglich nichts zu tun. Ob die Toten nichts tun, kann ich jedoch nicht beantworten. Ich glaube, auch die tun was. Ihre Körper sind vergraben und modern vor sich hin. Also auch Tote tun nicht nichts. Sie modern.

Die Aufgabe des Arztes sprengte meine gesamten Möglichkeiten und sogar meine Vorstellungskraft. Nichts scheint mir das Gegenteil der absoluten Unendlichkeit zu sein. Die Unendlichkeit hat keine Begrenzung, sie breitet sich aus; immer weiter und weiter. Und das Nichts?
Hm… eigentlich gibt es gar kein Nichts. Denn wenn es ein Nichts gibt, dann ist es irgendwie messbar und in diesem Moment, da man etwas klar darstellen kann, existiert es.
Nichts ist nichts. Nichts gibt es nicht. Und nichts-tun ist ein Paradoxon in sich selber. Man kann nicht nichts tun. Man kann nichts. Aber man kann es nicht tun. Sobald man was tut, tut man etwas und weil man etwas tut, ist es nicht nichts. Ausser etwas wäre gleich nichts. Das wäre dann eine mathematische Gleichung und das ginge. Wenn etwas nichts ist, dann kann man nichts tun, weil man dann ja etwas tut. Nämlich nichts.
Aber wenn etwas nichts ist, dann ist ja alles nichts, weil alles etwas ist? Unsere Welt wäre dann das komplette Nichts? Wäre möglich, denn sie ist ja Etwas und sie fliegt in Etwas herum. Weil Etwas mit Nichts identisch ist, wären wir Nichts und flögen im Nichts herum. Obwohl ja das Fliegen auch nichts-tun wäre. Und dann wäre nichts auch nicht mehr das Gegenteil der Unendlichkeit. Nichts wäre dann irgendwie alles. Auch die Unendlichkeit...und an diesem Punkt sprengt das philosophische Problem meine Vorstellungskraft vollends und das imaginäre Problem breitet sich im Lauffeuer zu unvorstellbaren Ausmassen aus.

Mein Kopf raucht. Mein Fuss schmerzt, denn ich habe ob der komplizierten Nachdenkerei vergessen, dass ich nichts tun sollte und bin im Wohnzimmer auf und abgegangen und habe nachgedacht.
Aber macht nichts. Mein Fuss hat nichts, tut nicht weh, ich habe soeben nichts gemacht und gehe jetzt schlafen, um mich vom Nichts-tun zu erholen.

Na, wenn das mal nichts ist!